„Mein Baby krabbelt nicht. Ich glaube ja, es wird gleich gehen, da es die ganze Zeit stehen will! Was meinst du?“

Wenn das Baby nicht krabbelt

Diese Frage wird mir häufig gestellt. Im Grunde gibt es dazu nur eine Antwort: 

 

„Nein! Deinem Baby fehlen vermutlich Entwicklungsschritte und es weiss somit nicht, wie es sich fortbewegen soll und kann!“

 

Dann werde ich zunächst mit großen Augen angeschaut. Die Erklärung folgt hier:

 

 

Wie schon so oft geschrieben: Gerade die motorische Entwicklung baut aufeinander auf. Es ist ein langer, mühsamer Prozess, in dem das Baby lernt verschiedene Fähigkeiten zu erwerben. Stück für Stück, nach dem Prinzip „try and error“ gelangt das Baby vom Drehen, zum Vierfüßler. Vom Vierfüßler zum Sitzen, sowie zum Robben und/oder Krabbeln. Zum Schluß wird mit vielen Schrammen und Stürzen das Stehen und Laufen gelernt. Und all diese Entwicklungssschritte sind natürliche Prozesse, die sich die Babys selbst erarbeiten sollten. 

 

Die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler hat in ihren Studien zur kindlichen Bewegungsentwicklung nachweisen können, dass alle Kinder krabbeln lernen – sofern sie nicht vorzeitig hingesetzt wurden. Der Beginn des Krabbelns ist ein Zeichen dafür, dass einige der frühkindlichen Reflexe abgebaut sind. Für Eltern ist es ein ganz besonderer Moment, der kaum erwartet werden kann. Denn Babys, die krabbeln, können sich ganz alleine fortbewegen und werden dadurch oft ausgeglichener. Außerdem ist das Krabbeln eine Vorstufe des Laufens. Die Kinder trainieren so ihre Koordination und stärken die Muskeln, die sie auch brauchen, um später auf zwei Beinen zu stehen und zu gehen. Die Aussage „Nicht alle Babys krabbeln!“ ist demnach eher bedenklich, als normal. 

 

Werden Kinder zu früh hingesetzt, bevor sie sich selbst in die Position gebracht haben, führt das dazu, dass die normale motorische Entwicklung unterbrochen wurde. Das heisst es fehlen essentielle Verknüpfungen. Zudem wird die notwendige Muskulatur nicht richtig vorbereitet. Um in den Sitz zu kommen brauchen Babys unglaublich viele Muskeln, die sie durchs unermüdliche Ausprobieren trainieren. Schaut euch das Video von Amelie an, wo sie im Grunde ALLES vorführt. Das Drehen, das Hinsetzen, wieder in den Vierfüßler zurück, Krabbeln, etwas vom Boden aufheben und wieder Hinsetzen. Da spielen eine Vielzahl an Muskeln mit - probiert diese Bewegungsablauf mal selber aus! 

 

Wenn das Baby aber nun hingesetzt wird, fehlen all die Muskeln, die das ermöglichen: Rückenstrecker,  geraden und seitlichen Bauchmuskeln. Die Folge sind nicht selten Fehlhaltungen.

 

 Ich könnte noch so viel mehr darüber schreiben, das würde den Rahmen sprengen, schließlich geht es in dem Bericht ums Krabbeln. 

 

Warum können die früh hingesetzten Babys dann oft nicht oder erst sehr spät krabbeln?

 

Ganz einfach: Weil ihnen  die Kriterien fürs Krabbeln schlichtweg fehlen.

 

  1. Die richtige Muskulatur fehlt
  2. Die natürliche Abfolge und somit Verknüpfung fehlt
  3. Der Bezug zur Höhe fehlt.

 

Viele Babys entwickeln nun eine ganz spezielle Art sich fortzubewegen, da sie nicht aus dem Sitz kommen. Sie rutschen mit auf dem Po vorwärts, indem sie ein angewinkeltes Bein ausstrecken und dann wieder anziehen. Mit dieser Methode in den Stand und Gang zu kommen ist sehr schwer.

 

Kinder entwickeln sich individuell und man soll ihnen die Zeit geben, die sie brauchen. In der Regel beginnen Kinder etwa im Alter zwischen sechs bis zehn Monaten zu krabbeln. Erst dann sind die Muskeln der Babys stark genug, den Körper zu halten. Und auch die Motorik der Kinder ist dann reif genug, dass sie im Stande sind, vorwärts zu krabbeln und sich koordiniert und gezielt zu bewegen. Aber auch wenn das Baby nicht in dem Alter lernt, sich fortzubewegen ist das zunächst kein Grund zur Besorgnis. Führt euch immer zu Gemüte: Kinder WOLLEN krabbeln. Sie WOLLEN die Welt selbst entdecken aber eben nach ihrem eigenen Tempo. 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0